Hamburgs Modeszene
Die Band Depeche Mode tut es und sogar US-Star Lady Gaga ist dabei gesehen worden – sie tragen Mode von jungen Hamburger Designern. Abseits der großen Namen, die unsere Stadt in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat – Wolfgang Joop, Karl Lagerfeld, Jil Sander – sind es die „jungen Wilden“, die nun an der Elbe für Furore sorgen und damit dem Image des deutschen Nordens entgegenzuwirken: die Entwürfe der neuen Designer-Generation sind alles andere als schlicht und zurückhaltend.
Einer, der sich in der Fashionwelt bereits etabliert hat, ist Bent Angelo Jensen. Sein erstes Atelier eröffnete der gebürtige Flensburger im alternativen Karolinenviertel auf St. Pauli. Mit seinem Label Herr von Eden sorgte er für ein Comeback des Herrenanzugs: Prominente Hamburger Musiker wie Jan Delay oder Bela B., aber auch international bekannte Künstler wie die Musiker der Band Depeche Mode tragen Jensens klassische Dreiteiler, die durch ihren besonderen Schnitt, extravagante Muster oder knalligen Farben alles andere als langweilig aussehen. Seine Designsprache ist durch und durch „dandy“: elegant und lässig, traditionell und provokant – genau das richtige für den extrovertierten Gentleman.
Frauenquote? Überflüssig!
In Hamburg ist vor allem die Szene der weiblichen Modemacher stark. Beispiele gefällig? Bitten Stetter kombiniert Avantgarde mit Streetwear, Seide mit Jogginghose, große Muster mit knalligen Farben – eine laute Mischung. Auch Kathrin Musswessels verfolgt einen ganz eigenen Stil: In ihrem Atelier auf St. Pauli entwirft sie zeitlos lässige Mode für Frauen, besonders schön sind die von ihr entworfenen Overalls. Maja Daphne Holzborn fand südlich der Elbe in Wilhelmsburg ein Atelier im „Weltgewerbehof“ und lässt sich vom Mittelalter und der Alchemie inspirieren. Die Autodidaktin Sarah Beutling ist einer der kreativen Köpfe hinter dem Pop-up-Shop, Showroom und Atelier „Kleine Freiheit No. 1“. Hier kann man die szenige Streetwear ihres Labels XXII anprobieren.
Hauptfach: Modedesign
Dass die Nachwuchsdesignerszene in Hamburg so gut aufgestellt ist, hat seinen Grund: Eine Hochschule und zwei Akademien bilden in der Stadt den Modenachwuchs aus. An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) studierten beispielsweise Annalena Skörl Maul (Label: Skörl) und Christine Krüger (Label: Polynoir). Beide machen Handarbeit wieder populär und stricken Mode – die eine für HipHopper, die andere für elegante Damen. Die Designerin Maya Ullrich ist Absolventin der Mode-Akademie JAK. Nach ihrem Studium arbeitete sie für Gucci und gründete schließlich ihr Label Die schöne Lachsin. Einmal im Jahr präsentieren die Absolventen der Akademie für Mode & Design (AMD) ihre Abschlussarbeiten bei einer großen Show. Über dieses Spektakel ist sogar Lady Gaga auf die Arbeiten von zwei Designerinnen aufmerksam geworden. Der Star ließ einige Teile der Kollektionen nach New York City schicken – wenig später trug sie die Hamburger Fashion, unter anderem einen schwarzen Rock mit mystischen floralen Elementen, auf Fotos.
Mach's dir selbst!
Aber nicht jeder, der Mode macht, ist auch ausgebildeter Designer. Die Do-It-Yourself-Szene blüht in der Hansestadt. Kreative schließen sich zusammen und gründen Orte, die Co-Working-Space und kreativer Spielraum für alle Hamburger sind. Ein Beispiel ist das Stoffdeck in Wilhelmsburg, ein Taubenschlag für Kreative. Auf 263 lichtdurchfluteten Quadratmetern können Hobbydesigner stunden-, tage- oder monatsweise Arbeitsplätze mieten. Alles, was man zum Nähen braucht, ist hier vor Ort – vom fachmännischen Berater bis zu hochprofessionellen Maschinen. Besonders beliebt ist das Workshop-Angebot, das meist von Hamburger Designern bestritten wird. Auch Julia Sperle gibt dort Kurse. Die Designerin hat ein eigens Label und ist dafür bekannt, dass sie die extravagant-trashigen Bühnenoutfits der Band Deichkind entwirft und näht.
Look @ my Fashion-Blog
Wo Menschen Mode machen, braucht es natürlich auch Leute, die über die Kollektionen schreiben: Viele Fashionblogger sind in der Hamburger Modewelt zuhause. Einer von ihnen ist Fabian Hart. Dieser Name klingt nach Testosteron, Armdrücken und kühlen Blicken. Fabian Hart ist einer der wenigen Männer in Deutschland, die hauptberuflich über Mode bloggen. Er teilt sich ein Büro in der Hamburger Neustadt mit Blogger-Kollegin Anna Wegelin – ihre Onlineplattform heißt Lachsbrötchen. Die Seite Fashionjunk ist eine Art digitales Coffe Table Book der Hamburger Streetphotography. Die Hamburger Modejournalistin Katharina Charpian bloggt in ihrem Onlinemagazin I love Ponys über Fashion und lässt sich auf Instagram durch Modeschnappschüsse inspirieren. Anna Frost zeigt als Fashionpuppe, wie neue Kollektionen am „Mädchen von nebenan“ aussehen. Vicky Wanka führt ein authentisches Style-Tagebuch.
Hamburg ist eine Modestadt und die Straßen sind ihr Laufsteg. Besonders in so hippen Vierteln wie der Sternschanze. Einfach mal am Schulterblatt in ein Café setzen, portugiesischen Kaffee trinken und die Augen offen halten: An einem sonnigen Tag ist das ein herrliches Schaulaufen!
Mehr Informationen zur Hamburger Fashionszene gibt es hier.