Bierkultur in Hamburg: 1000 Jahre Tradition und Kreativität
Die Hamburger Bierkultur hat sich in den letzten 10 Jahren bunt und vielfältig entwickelt: Neben den bekannten großen Brauereien wie Astra und Holsten haben sich über 30 spannende Brauereien, Brewpubs, Brauprojekte, Bierbars und Biershops in der Hansestadt niedergelassen. Hamburg von seiner bierigen Seite entdecken heißt Brauereiführungen, Braukurse, Bierfeste, Bierminimuseum, Bier-Yoga und Verkostungs-Events mit über 300 verschiedenen Bieren – die heutige hanseatische Brauszene hat ein spannendes kulinarisches, kulturell-illustres Potenzial zu bieten!
1.000 Jahre Bierkultur
Hamburgs über 1.000-jährige Biergeschichte reicht weit zurück bis zu den Nordmännern oder Wikingern, die eine Vorstufe unseres Bieres tranken, eine Art vergorenes Ale. Ab dem 12. Jahrhundert stieg Hamburg als „Brauhaus der Hanse“ auf. An keinem anderen Ort wurde in solch üppigen Mengen Bier hergestellt und exportiert wie in der mittelalterlichen Hansestadt. Fast 600.000 Hektoliter pro Jahr gingen größtenteils in den Export. Der Erfolg war auch Hamburgs exponierter Lage am Wasser zu verdanken: mit dem Hafen als idealen Handels- und Umschlagsort und der ab dem 12. Jahrhundert aufgestauten Alster, die für frisches Brauwasser sorgte. Mitte des 16. Jahrhunderts zählte Hamburg über 500 Brauereien. Pro Kopf lag der Bier-Konsum bei über 500 Liter im Jahr (Im Vergleich: Heute ca. 100 Liter/ Kopf). Grund hierfür: Bier galt damals als Grundnahrungsmittel, das wesentlich gesünder war als das damalige Wasser, da Keime und Bakterien im Brauprozess beim Aufkochen abgetötet wurden. Das sogenannte „Dünnbier“ hatte moderate 1-2 % Alkohol.
Was kaum jemand weiß: Das erste Weißbier wurde in Hamburg eingebraut, nicht etwa in Bayern. Bierstile wie Rotbier, Pale Ale, Porter und Stout wurden noch weit bis zum Anfang des 20. Jahrhundert konsumiert. Das letzte Jahrhundert war für Hamburgs bierkulturelle Entwicklung kaum relevant. Die Jahre waren geprägt von Kriegen und Brauereisterben. Ab den 1980-er Jahren begann mit der von Industriebieren eine Konsolidierung der Biervielfalt – zugunsten von Pils und Lager.
Revitalisierung der Biervielfalt
Seit 2012 erlebt Hamburg mit der „Craft Bier“-Bewegung, die aus den USA nach Deutschland kam, eine Revitalisierung seiner Biervielfalt. Der Begriff „Craft“ bedeutet Handwerk. Mit „Craft Bier Brauereien“ sind insbesondere Brauereien gemeint, die sich von den industriell hergestellten Bieren distanzieren und stattdessen mit hochqualitativen, frischen Rohstoffen und echter Leidenschaft ihr Brauhandwerk ausüben. So wurden in den letzten 10 Jahren über 15 kleine und mittelständische Brauereien und Brauprojekte in Hamburg gegründet. In den jeweiligen Hausbrauereien, Brewpubs und Schankräumen der Brauereien – häufig auch mit einladendem Außenbereich – können die Gäste das vor Ort gebraute Bier direkt verkosten. Frischer geht es nicht!
Der Klassiker: Blockbräu
Am Tag des Bieres, den 23. April 2012, wurde das traditionelle Blockbräu Brauhaus an den Landungsbrücken eröffnet. Seitdem brauen Braumeister Thomas Hundt und sein Team insbesondere klassische Bierstile wie das naturtrübe, fein gehopftes Helles, ein süffiges Weißbier und saisonale Brauspezialitäten wie einen hellen Maibock und dunklen Senatsbock. Dazu gibt es gut bürgerliche Speisen aus der Brauhaus-Küche. Highlight: Der Blick von der 1.000 qm Dachterrasse über den gesamten Hamburger Hafen!
Bei den St. Pauli-Landungsbrücken 3
(St. Pauli)
Das Bierparadies: Ratsherrn in den Schanzenhöfen
Seit 2012 befindet sich in den unter Denkmalschutz stehenden Hamburger Schanzenhöfen ein echtes Bierparadies: Hier sind die Ratsherrn Brauerei, das eigene Braugasthaus Altes Mädchen mit mehreren angelagerten Eventdielen sowie der Ratsherrn Store ansässig. Immer wieder gibt es hier spannende Neu-Kreationen zu genießen, wie das im Herbst letzten Jahres gelaunchte unfiltrierte „Hamburg Hell“. Beim Meininger’s International Craft Beer Award 2020 räumte die familiengeführte Stadtbrauerei stolze vier Auszeichnungen ab: 3 x Gold und 1 x Silber.
Tipp: Für den Besuch ein paar Stunden Zeit einplanen, im Vornherein eine Brauereiführung buchen und in der Gastronomie einen Ratsherrn „Tasting Tray“ zur LandWertHof Bio-Mettstulle bestellen.
Lagerstraße 30A (Sternschanze)
Modern und kreativ: ÜberQuell Brauwerkstätten
Brewpub, Micro Brauerei, urban Farming, große Außenterrasse – das ist das ÜberQuell St. Pauli in den Riverkasematten direkt an der Elbe anno 2017. Braumeister Tobias Hess überrascht immer wieder mit neuen, saisonalen Bieren. Dazu gibt es die womöglich beste Neapolitanischen Pizza der Stadt und ein kunterbuntes, kulturelles Veranstaltungsprogramm aus Spieleabenden, Live-Musik, Lesungen, Tastings und mehr – ein Lieblingsort für alle, die einfach eine gute Zeit verbringen wollen.
Highlight: Das Bierminimuseum!
St. Pauli Fischmarkt 28-32 (St. Pauli)
Natürlich Bio: Wildwuchs Brauwerk
Fiete Matthies ist ein echter Hamburger Jung` aus Finkenwerder, der in 2014 Hamburgs erste Bio-Brauerei gründete. Seit 2019 produziert der Braumeister seine naturbelassenen und biozertifizierten Biere mit den klangvollen Namen wie Sutsche, Fastmoker und Wachmoker im Wildwuchs Brauwerk in Wilhelmsburg.
Tipp: Am besten lassen sich die Bio-Biere im Wildwuchs Schankraum genießen – mittenmang zwischen den atmosphärisch beleuchteten Braukesseln!
Jaffestraße 8 (Wilhelmsburg)