Hamburg – die pulsierende Hip-Hop Metropole
Hamburgs Hip-Hop-Lifestyle blüht wie noch nie zuvor. Während etablierte Bands wie die Beginner die Album-Charts stürmen, erlangen Newcomer Acts wie Ace Tee internationale Berühmtheit und tragen dabei den lässigen und weltoffenen Hamburger Hip-Hop-Stil in die Welt hinaus. Doch auch neben der Musik hat Hamburg in Sachen Hip-Hop einiges zu bieten: Zahlreiche in der Hansestadt gegründete Streetwear-Modelabels verleihen der Stadt ein ganz eigenes Gesicht und entwickelten sich in den letzten Jahren zu regelrechten Erfolgsgeschichten. Hinzu kommt eine sehr lebendige Bar- und Club-Landschaft, die in den letzten Jahren durch zusätzliche Angebote und Locations noch einmal einiges an Prestige gewinnen konnte.
Die Beginner setzen Hamburg auf die Hip-Hop-Landkarte
Altmeister wie die Beginner schrieben bereits um die Jahrtausendwende Songs wie den „Hamburg-City Blues“, eine Hymne auf die Stadt, die Hamburg über seine Grenzen hinaus auf der Hip-Hop-Landkarte bekannt machen sollte. Mit „Ahn Ma“ feat. Gzuz & Gentlemen legten die drei Hamburger um Jan Delay, Denyo und DJ Mad im vergangenen Jahr nach einer längeren Schaffenspause nach und packten Hamburg „wieder auf die Karte“, wie es auch in den Lyrics heißt. Der Song entwickelte sich zu einem derartigen Renner, dass er sogar auf Weihnachtsfeiern von Hamburger Unternehmen als Opener gespielt wird. Bis zum heutigen Tage wurde das Video auf YouTube über 29,5 Mio Mal aufgerufen und belegte Platz 4 der erfolgreichsten Deutschrap-Videos im Jahr 2016.
Newcomerin Ace Tee startet in den USA durch
Während die Beginner bereits seit Anfang der 90er Jahre Hamburger Hip-Hop repräsentieren, ist R&B-Sängerin Ace Tee noch relativ neu in der Szene. Die Hamburgerin avancierte in den letzten Wochen mit ihrem 90er Jahre Revival-Hit "Bist du down?" zum absoluten Internethype. Ein Erfolg, der anfangs weder abzusehen noch geplant war und sich in den letzten Wochen organisch entwickelt hat. Ein paar deutsche Hip-Hop-Blogs schrieben über die Hamburgerin, ansonsten erhielt das Lied zunächst keine besondere Aufmerksamkeit. Dann entdeckten Twitternutzer aus den USA und Kanada die 23-jährige und verglichen sie mit der US-amerikanischen R&B-Band TLC. „The new TLC are German, pass it on“ schrieb Twitter-Userin Yung Rachu am 4. Januar und postete das Video in ihrer Timeline. Ein durchaus passender Vergleich, denn sowohl TLC, als auch Ace Tee stehen für einen sanften 90er-Jahre R&B-Vibe, den es in dieser Form lange nicht mehr zu hören gab.
Die erhöhte Aufmerksamkeit auf Twitter und Facebook setzte eine regelrechte Welle in Gang, die Ace Tee bis in die US-amerikanische Ausgabe der Vogue gebracht hat. Seitdem erscheinen in internationalen Publikationen beinahe täglich Interviews und News über die 29-jährige, die immer noch als Hair-Stylistin in einem Friseursalon arbeitet. Das Video, das ihr den Erfolg brachte, zeigt der Welt ganz nebenbei weitere Facetten der Hamburger Hip-Hop-Kultur: Tänzer vollführen unter einer Eisenbahnbrücke in Altona ihre Tricks, während im Hintergrund die über zehn Jahre alten Graffitis des bekannten und inzwischen verstorbenen Hamburger Sprayers OZ zu sehen sind.
Streetwear-Mode-Labels starten durch
Doch auch abseits der Musik hat sich Hamburg schon längst als Hip-Hop-Standort etabliert. Streetwear-Labels wie Cleptomanicx, Mojo Snowboarding und Aight Evolution setzen seit Jahren auf einen lässigen und alltagstauglichen Look, den es in dieser konzentrierten und individuellen Form wohl nur in Hamburg gibt. Für „Aight“-Gründer Christoph Schröder, der sein Warenlager im Stadtteil Barmbek aufgeschlagen hat, ist Hamburg dabei der ideale Standort: „Barmbek ist ja so etwas wie ein Arbeiterstadtteil und ich denke, dass diese Eigenschaft auch sehr gut auf 'Aight' zutrifft, da ich bis heute fast alles in Eigenregie mache.“ Dazu zählen auch Kooperationen mit Rappern, die entweder direkt aus Hamburg oder aus anderen Städten stammen: „Im Laufe der Jahre sind daraus richtige Freundschaften entstanden. Findet ein Konzert in Hamburg statt, schauen die Künstler auch schon mal bei mir im Lager vorbei. Ich finde es großartig, dass sich durch 'Aight' und die Verbindung zu Hip-Hop so viele Möglichkeiten ergeben, mit anderen Gleichgesinnten in Kontakt zu kommen. Hamburg ist dabei als weltoffene und pulsierende Stadt natürlich ideal.“
Auch für Mojo Snowboarding-Gründer André Gießelmann, der mit seinem Store im Hamburger Schanzenviertel sitzt, ist der Kontakt mit der Szene sehr wichtig: „Aktuell machen wir viel mit Gold Roger, Nico Suave, Johnny Rakete, Marvin Game und auch Bengio.“ Auch persönlich hat der 39-jährige zum Hamburger Hip-Hop eine enge Verbindung: „Natürlich die 90er-Jahre-Platten von den Beginnern, Dynamite Deluxe, Fünf Sterne, Eins Zwo und Nico Suave. Das waren für mich alles Highlights und ich finde es wunderbar, wie offen diese Kultur und Musik bis heute in Hamburg transportiert und gelebt wird.“ Auch für aktuelle Newcomer aus Hamburg hat der Mojo Snowboarding ein offenes Ohr: "Eine erfrischende Abwechslung zu den ganzen 'Oldschoolern' sind für mich die Jungs der 187 Strassenbande, der Style von Ace Tee oder auch die Leichtigkeit von Bengio."
Hamburgs lebende Clubs & Bars-Szene
Der Hamburg-Hip-Hop-Lifestyle setzt sich draußen auf den Straßen fort. Altbewährte Clubs und Bars wie das Übel&Gefährlich (Feldstraße 66), der Grüne Jäger (Neuer Pferdemarkt 36), die Bernsteinbar (Bernstorffstraße 103) und das Fundbureau (Stresemannstraße 114) liegen allesamt nur wenige Gehminuten auseinander und bieten seit vielen Jahren - teilweise seit Jahrzehnten - der Hip-Hop-Gemeinde eine Heimat. Es ist kein Zufall, dass sich alle genannten Locations dabei auf die Quartiere rund um das Schanzenviertel und die Reeperbahn konzentrieren, denn dort ist traditionell am meisten los. Doch auch abseits der bekannten Szeneviertel geht einiges: Im Stadtteil Ottensen beispielsweise, der westlich der Reeperbahn und ganz in der Nähe von Ace Tee's Eisenbahnbrücke liegt, wird in den renommierten Bars Aurel (Bahrenfelder Str. 157), Familieneck (Friedensallee 2-4) und auch im Querbeet (Bahrenfelder Str. 180) neben elektronischen Sounds auch viel Hip-Hop gespielt. Wer dort am Abend auf ein Bierchen einkehrt, verlässt die Bar oft so schnell nicht wieder.
Zu den bereits etablierten Locations gesellen sich zudem neu gegründete Clubs und Bars wie die Luba Luft Bar (Am Brunnenhof 2-4), Kleiner Donner (Max-Brauer-Allee 279) und der legendäre Mojo Club (Reeperbahn 1) unter den Tanzenden Türmen. Gerade das „Mojo“ mit seinem grandiosen Live-Programm und dem überaus stilvollen Ambiente hat die Hamburger Club-Szene dabei auf ein neues Niveau gehievt und zu internationaler Bekanntheit verholfen. Die exzellente Soundakustik ist dabei ein weiteres Puzzlestück, das international etablierte Künstler wie Talib Kweli, Lee Fields, Diamond D und Large Pro sowie Newcomer wie Anderson .Paak und BJ The Chicago Kid dazu bewogen hat, einen Abstecher nach Hamburg zu unternehmen. Abgerundet wird das vielfältige Hip-Hop-Angebot in Hamburg durch das vor sechs Jahren gestartete Spektrum-Festival auf dem Inselpark in Hamburg-Wilhelmsburg. Das eintägige Festival hat sich inzwischen zu einem unverzichtbaren Spannungsfeld zwischen Hip-Hop-Tradition und – Grenzüberschreitung entwickelt und kann sicherlich als würdiger Nachfolger des legendären „flash“-Festivals betitelt werden, das Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre für Furore sorgte. In Hamburg-City, da ging und geht einiges!